Protokoll Panel C (Landesebene)
I. Inputreferat von André Reuther (hier nur stichpunktartig zusammengefasst):
– Ausgangspunkt für Protesttage: Unzufriedenheit mit Studium; Kritikpunkte, die jetzt auch
angesprochen wurden
– mit Bologna werden Studium und Hochschule verschult, wo sie früher als Freiräume
verstanden wurden, Auseinandersetzung mit Wissen, Auseinandersetzung mit anderen an der
Universität wurde angestrebt
– heutige Tendenz: Menschen werden zu Produkten ausgebildet, für den Arbeitsmarkt
„angefertigt“
– bewusste Auseinandersetzung mit Idealen usw. während der Protesttage – Feststellung: diese
Ideale wurden aufgegeben. Viele Menschen wollen das aber nicht, Begriffe (Freiheit,
selbstbestimmt) müssen neu geklärt, klar benannt werden. Menschenbilder sind
unterschiedlich, das muss klar sein für die Diskussionen
– Weitergabe von Verantwortlichkeiten – Prozess muss auf allen Ebenen verortet und diskutiert
werden; Verantwortlichkeiten benennen - alle sind verantwortlich
– Was wird kritisiert? Verschulung – vorgegebene Stundenpläne, Leistungskontrollen/
Leistungspunkte, Anwesenheitspflicht – Einengung der Studierenden; Ökonomisierung der
Hochschule/Gesellschaft; Humankapital wird gewertet und gezählt, als öffentliche Ressource
betrachtet; Einfluss von Unternehmen – wollen wir eine solche Gesellschaft? Können wir uns
eine solche Gesellschaft leisten?
– Studierende stimmen dem Prozess zu? Das ist eine beliebte These, die über den Status der
These nicht hinausgeht. Antwort der Studierenden auf diese Frage zumeist: „Das ist halt so!
Das ist doch normal, oder?“ - passive Zustimmung an der Tagesordnung
– Bildung an sich kaum thematisiert an den Hochschulen
– Apell an Politik etc.: Raum der Universität zurückerobern für freie Auseinandersetzung mit
Wissen; Organisation der notwendigen Mittel für die Ausgestaltung; Bildung als Schlüssel für
humanere Welt, lassen sie uns was ändern
II. Redebeitrag von Herrn Werner (SMWK):
– Ökonomisierung: Studium muss Wissen vermitteln und Menschen sollen Kenntnisse für das
weitere Leben erwerben
– unterschiedliche Ansprüche an Studium, Hochschule muss ermitteln können, wie Studierende
sich verschiedene Dinge aneignen, selbstständiges Lernen ein Teil davon
– Wirtschaft dominiert nicht Hochschule, Hochschule nicht eingeschränkt in
Wissenschaftsfreiheit durch Wirtschaft
– Finanzierung hauptsächlich durch Länder – sieht keine Gefahr der Unterminierung von
Hochschulen durch Unternehmen
– Beispiel USA: Die Stiftungen der Elite-Universitäten beeinflussen die Hochschulen nicht so
sehr
– „Werbespots vor den Vorlesungen“ wären erschreckend
– nochmal zur Ökonomisierung: Viele Probleme mit dem Bologna-Prozess sind zurecht
angesprochen – Was ist machbar? Rückabwickeln nicht sinnvoll – Prozess mit Leben füllen
und Probleme abstellen
– ECTS und Workload: Tendenz zu zu viel Inhalt in den Studiengängen – ist der ganze Stoff
auch sinnvoll? Studierbarkeit wichtig! Abwägung von Workload und Prüfungslast notwendig
– Prüfungslast: wichtiges Thema zum Nachdenken, 6 Prüfungen in einem Modul sind eindeutig
zu viel – welche Prüfungsformen/Instrumente/Mittel (Projektarbeiten etc.) sind sinnvoll?
– Master/Bachelor (MA/BA): BA 8-semestrig? Muss mindestens 6 Semester, darf max. 8
Semester dauern, wäre also möglich, Master dann zwischen 2-4 Semester max.;Aber: je
gestaffelter das System, desto schwierigere Mobilität
– Zielsetzungen des BA's? Was ist das richtige Maß? Dieses ist inhaltsabhängig!
Fachhochschulen haben bisweilen 7-semestrige Bachelor - Was ist möglich (inhaltlich?); nicht
Master als Regelabschluss und BA als Ausweichvariante deklarieren – BA wird dann zum
Notabschluss; sinnvolles Studium muss dabei herauskommen; Master weiterführend,
vertiefend – Y-Modell; gute Organisation/Ausgestaltung des BA nötig, damit Master-Zugang
gewährleistet bleibt
– Bologna-Ansprüche sehr hoch, noch lange nicht erreicht, insbesondere Mobilität durch Gefahr
sehr spezifischer, kleinteiliger Bachelor gefährdet – da muss noch einmal drüber nachgedacht
werden
– Finanzierung: braucht es, umfassend, ist aber nicht alles
– Studierendenzahlen in vergangenen Jahren sehr gewachsen, Hochschul-Finanzierung kam
nicht mit, muss angegangen werden
– Studierendenzahlen/Kapazitäten werden nicht haltbar sein durch demographische
Entwicklungen – deswegen gibt es Image-Kampagne; Kapazitäten dürfen nicht brachliegen
– Ressourcen müssen für mehr Qualität genutzt werden
– Qualität in der Lehre: hochschuldidaktisches Zentrum in Leipzig in Planung; notwendig für
weitere Erhaltung der Hochschulen
– Potential an den Hochschulen, die Mittel sinnvoller zum Einsatz zu bringen, ist vorhanden
– BAföG: elternunabhängig? Es gibt solche Fälle (bei Studierenden, die bereits gearbeitet
haben), der BAföG-Rat konnte davon nicht überzeugt werden; Einfluss auf Kindergeld fraglich;
sollte durchgeboxt werden, betrifft aber auch Sozialgesetzgebung
– Akkreditierung: sollte als Qualitätssicherung betrachtet werden; kann nur Grundlagenqualitäten
garantieren; Thema entwickelt sich; Programm-Akkreditierung entwickelt sich zur
Systemakkreditierung
III. Raum für Reaktionen:
– Gutjahr-Löser: (ehemaliger Kanzler der Universität Leipzig)
– der Markt misst nicht, jede einzelne Person auf dem Markt misst; alle
Einzelentscheidungen wirken auf dem Markt zusammen
– was soll die Universität leisten? Mit dem Leben, der Welt zurande zu kommen – schafft sie
das?
– Warnung vor BA/MA, wegen Bürokratie und Aufwand; systematisch weniger Hilfsstellen bei
mehr Professor_innen – müssen nun selbst Bürokratie erledigen; müssen Bewertung der
Studierenden vertrauensvoll behandeln, Konkurrenz ist wichtig, System muss durchlässig
sein
– Verschulung kann nicht weitergehen, muss weg, alles andere unlogisch
– Großbritannien: Professor_innen machen Eignungsgespräche, machen BA/MA nicht mit
– das System muss vom Grundsatz her anders werden
Weitere Reaktionen und Meinungen:
– Imagekampagne arbeitet mit Behauptungen und Slogans, die nicht stimmen
– Situation ist schlecht, das erleben die Studierenden und alle anderen täglich
– Es kann beim Studium nicht nur um Fragen, wie die nach der Dauer der Studiengänge
gehen. Das stimmt hinten und vorne nicht und muss ganz anders aufgezogen werden
– Menschen sind keine Maschinen, für Neugestaltung braucht es Zeit, muss von allen
gestaltet und getragen werden
– „Ökonomisierung“ heißt nicht, dass Unternehmen direkten Einfluss haben – Begriff setzt auf
struktureller Ebene an: Modularisierung, Verkürzung von Studiendauer, vermitteln von
„Kenntnissen“ - das ist zu hinterfragen!
– Anwesenheitslisten haben nichts mit Freiheit, streben zu tun, Menschen wollen Erkenntnis,
nicht nur Kenntnis
– abfragbare Kenntnisse: sind keine Kompetenz, sondern Kompetenz zur Unterwerfung
(scheint gefragt zu sein)
– BA in Geisteswissenschaften nicht möglich, derartige Kompetenzen nicht auf diese Art und
weise „erlernbar“; realitätsfern, mehr Reflexion nötig
– es gibt noch keine Werbung vor den Vorlesungen, aber Unternehmen auf dem Campus, die
Screens in Mensen und Seminargebäuden etc. bereits vorhanden
– Rüstungsforschung hat an der Universität ebensowenig zu suchen!
– Akkreditierung ist generell nicht sinnvoll, Systemakkreditierung im Besonderen; Qualität der
Veranstaltungen steht im Vordergrund und diese ist, da sie subjektiv ist, nicht durch ein
System evaluierbar; Hochschulen bezahlen bis zu 15'000€ für ein Akkreditierungsverfahren
– in Leipzig wurde dann nichts gegen den Wahlbereich unternommen, er wurde nur mit
einigen Auflagen versehen
– Akkreditierung gehört daher abgeschafft
– Universität darf nicht nur das „zurande-kommen“ vermitteln, sondern wie sich eine Gesellschaft
besser gestalten lässt; Was tut das SMWK um der gravierenden Situation zu begegnen?
Moderationshinweis: Es wird darum gebeten, in der weiteren Diskussion nicht weiter zu
personalisieren, sondern eher Vorschläge zu machen und zu diskutieren. Der Schwerpunkt sollte
vom Thema „Ökonomisierung“ wieder zur Landesebene zum Hochschulgesetz, demokratischer
Mitbestimmung, studentischen Hilfskräften etc. verlagert werden. Es wird weiter darum gebeten,
nicht Schuldige zu suchen, nicht zu verkürzen, sondern Eigenverantwortlichkeit zu zeigen und
Wege dahin zu diskutieren
– Der Bachelor ist schon diskrediert, kann nicht mehr diskrediert werden
– von außen sieht es so aus, als würden alte Abschlüsse werden wieder eingefordert
– Finanzierung ist sicherlich nicht alles, sehr viele strukturelle Probleme hier vor Ort
– es herrschen extrem schlechte Bedingungen an den großen Hochschulen, hohe
Überlastung – da muss mit Geld herangegangen werden. Es müssen mehr Stellen werden
– Die Imagekampagne ist unlogisch, gegenseitiges Ausstechen von Hochschulen und
Ländern ist die Folge
– BA/MA bedarf mehr Betreuungintensität, mehr Lehrkräfte, mehr Geld – nicht nur ein Thema
für das SMWK
– Finanzierung: Geld liegt an den falschen Stellen, plötzliche Geldsegen werden in sinnlosen
Jobs verwendet; andererseits sind schlechtbezahlte Tutorienstellen und die Ausbeutung
studentischer Kräfte an der Tagesordnung
– Modularisierung: lässt sich Wissen in dieser Form abkapseln und voneinander abtrennen?
Wechsel zwischen Hochschulen nicht möglich; grundsätzliches Überdenken, gerade von
den Ländern aus, notwendig – in Frage stellen
– Herr Werner (SMWK)
– Finanzierung: Geld muss richtig eingesetzt werden; Qualität muss gesichert,
Betreuungsrelationen verbessert werden
– zum Hochschulpakt: durch Geburtenknick und demografischen Wandel können
Studierendenzahlen nicht gehalten werden und sollen es auch nicht in jedem Fall, aber mit
dem Hochschulpakt müssen bestimmte Zahlen erreicht werden
– Geld sollte für mehr Qualität etc. eingesetzt werden, das darf nicht nur auf die Hochschulen
abgewälzt werden
– Frage: Warum kommt das Geld so spät an? Das hat unterschiedliche Gründe, die Wege
auf Landesebene und an den Hochschulen sind lang – schnellere Wege nötig
– Akkreditierung: kann kein Allheilmittel sein, soll Instrument zur Grundsicherung sein,
Evaluationen sind für weitere Sicherungsprüfungen besser, das Akkreditierungssystem hat
Fehler, welche diskutiert werden müssen, Systemakkreditierung geht weg von den
Studiengängen, kann Programmakkreditierung und Systemakkreditierung gleichzeitig da
sein?
– Master als Regelabschluss: sollte angeschaut werden, was lässt sich machen, um
Studierbarkeit zu verbessern? Einzelne Probleme lassen sich abstellen; KMK muss auch
darüber befinden (Überarbeitung der ländergemeinsamen Strukturvorgaben bspw.),
Hochschulen: werden Spielräume der Vorgaben genutzt?
– Themen werden mit nach Dresden ins Ministerium genommen
– Studienkommissionen werden nochmal diskutiert, eine Stellungnahme/Antwort wird dazu
es auch geben
– SächsHSG: Gesetz im Koalitionsprozess entstanden, es kann noch an einigen Stellen
nachjustiert werden, braucht aber noch praktische Bewährungsprobe
– weitere Gesichtspunkte können gern ins Ministerium getragen werden, was noch
ausgearbeitet wird, soll gern weitergeleitet werden
– CHE (Centrum für Hochschulentwicklung) wird als Paradebeispiel für Unternehmenseinfluss
genannt
– Gutjahr-Löser
– Studierendenzahlenprognose von 1992, von dieser Schätzung wird weiter ausgegangen
(prognostizierte für 2005 19500 Studierende) – Zahlen werden aber immer übertroffen! Es
wird mit den falschen Zahlen gearbeitet, neue Prognosen aus Dresden, die dem
demografischen Wandel entsprechen, außer in Leipzig, wegen des Stadtrufs, werden nicht
genutzt
– Herrn Werner folgend müssten endlich kleine Fakultäten geschlossen werden für neue
Planstellen
– Imagekampagne ist gut und richtig, weil der Ruf der Hochschulen wichtig ist; Leipzig wurde
in Sachsen aufgrund seiner SED-Vergangenheit immer etwas untergebuttert; 1 Planstelle
für über 50 Studierende, das ist so viel wie nirgends in Ostdeutschland; kleine Fächer
werden geschlossen, weil sie zu wenige Studierende haben – Verzicht auf kulturelle
Tradition in Leipzig, einige Fächer dann in Deutschland „ausgerottet“; „Deutschland als
Kulturnation im Konzert der Völker“; (Bsp: Slawistik)
Moderationshinweis: Die Worte Standort, Volk und Nation werden in dieser Verwendung in dieser
Runde abgelehnt und sollten nicht benutzt werden
– Gegenwehr gegen Hochschulvereinbarung in Sachsen durch Rektorat war eher schwach –
sollten wir uns auf Standort-Diskussion einlassen? Hochschulen sollten nicht
gegeneinander ausgespielt werden! Gegen Konzentration von Fachbereichen bei neuer
Vereinbarung muss gearbeitet werden
– England: Auslese par excellence!; BA/MA-System ist da und muss geändert werden –
gerade hier an der Universität
– Handlungsbedarf auch bei Studierenden-Überhang
– SächsHSG: warum Diskussion hier abbrechen? Demokratische Mitbestimmungsalternativen
sollten diskutiert werden! Wettbewerb unter Studierenden und Hochschulen sind generell
abzulehnen
IV. es wird das „wie weiter?“ diskutiert – soll es Forderungskataloge, Folge-Veranstaltungen
geben? es sollen noch weitere Vorschläge gesammelt werden, um eine Arbeitsgrundlage zu
haben (Im Folgenden die Vorschläge und Meinungen):
– an wen gehen die Forderungen/ welches SMWK? Wahlen stehen bald an!
– Vollversammlung zum „Absegnen“ der Forderungen Anfang des nächsten
Semesters/November gewünscht
– Forderungen sollten zeitnah erstellt werden, für Wahlen, weitere Gremienarbeit; in dieses
SMWK einbringen, können noch auf den Weg gebracht werden durch Aufträge oder
Unterschriften in den letzten Amtszügen
– Sammlung an Themen, die Forderungen beinhalten und evtl. weiter diskutiert werden müssen:
– demokratische Hochschule/Demokratisierung
– Hochschulrat
– mehr Planstellen
– mehr Geld
– landesweite Vernetzung der Hochschulen (bspw. Studierende in Landeshochschulrektoren-
konferenz)
– Kompetenzen der Gremien an den Hochschulen
– Forderungen in KMK und HRK weitertragen
– Überlegungen durch Werner einbringen
– nochmal selbstverwaltete Räume als grundsätzliche Freiheit der Studierenden fordern
– die Sammlung (ergänzend zu einer umfassenderen Tafelsammlung, die zu verschriftlichen und
zu protokollieren ist) wird vorerst geschlossen, das weitere Vorgehen wird in der
Abschlussrunde besprochen, die 19:45 Uhr beginnt.
Protokoll: Johanna Völker
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