Anerkennung von Studienleistungen


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Eingeschränkte Mobilität und Nichtanerkennung von Studienleistungen

 

Unter internationaler Mobilität wird im Hochschulkontext die Möglichkeit verstanden, einen Teil des Studiums (oder auch das gesamte Studium, ein Praktikum oder die Promotion) an einer ausländischen Universität zu verbringen. Das geht selbst organisiert oder über eines der angebotenen „Förderprogramme“. Zentrales Programm ist das von der EU gegründete Sokrates-Programm, das seit 2006 EU-Programm für Lebenslanges Lernen heißt. Praktika und sogenannte Erasmus-Semester im Ausland sollen dabei mit Hilfe von ausgebauten Universitätspartnerschaften und Teilstipendien erleichtert werden. Das Programm steht und fällt mit der Anerkennung von im Ausland erbrachten Studienleistungen über das European Credit Transfer System (ECTS), das laut der Bologna-Erklärung von 1999 nicht nur zum Transfer, sondern auch zur Akkumulation von Studienleistungen eingesetzt werden soll. (siehe: Workload / ETCS) Werden diese Leistungen nicht anerkannt, verlängert sich das Studium der betreffenden Person unweigerlich.

 

Für die Beratung zum Teilstudium im Ausland und die Organisation der Förderprogramme ist das Akademische Auslandsamt (AAA) zuständig. Über die tatsächliche (Nicht-)Anerkennung entscheiden die Prüfungsämter der Fakultäten. Probleme bei der Anerkennung beruhen auf international unterschiedlichen Kriterien zum Bestehen beispielsweise eines Magisterseminars (Klausur, Essay, Referat+Hausarbeit etc.) und auf verschiedenen Benotungssystemen. So ist es (beinahe) unmöglich, sich Bachelorveranstaltungen, die an einer anderen Universität besucht wurden oder Leistungen, die erbracht wurden, anerkennen zu lassen, die mit anderen Punktzahlen als der in Leipzig üblichen Modulbewertung von 5 oder 10 Credits benotet wurden. Seit Beginn des Sokrates-Programms gibt es entsprechende Probleme. Mit dem BA/MA-System und der Einführung des ECTS haben sich diese nicht gelöst. Ein sogenanntes Learning Agreement zwischen studierender Person und Gasthochschule, das vor Beginn des Auslandsemesters abzuschließen ist und das dann vor Ort angepasst und von diversen Zuständigen unterschrieben werden muss, soll die spätere Anerkennung erleichtern. Dies scheint aber so gut wie gar nicht zu funktionieren, lediglich der bürokratische Aufwand ist gestiegen. Jede/r Erasmusstudierende soll am Ende ihres/seines Auslandssemesters einen Fragebogen ausfüllen, in dem auch die jeweilige Einschätzung der Anerkennung von Studienleistungen angesprochen wird. Hierzu ein Auszug aus der Fragebogen-Auswertung 2002-2006:

„Weniger als ein Fünftel der Befragten hatten durch den Studienvertrag eine Verbesserung der Anerkennung der im Ausland erbrachten Studienleistungen erfahren. Mehr als ein Drittel aller Studierenden stimmten der Aussage zu, dass das Learning Agreement für sie keinerlei Nutzen hatte. […] Knapp ein Drittel der befragten Austauschstudierenden sagte aus, dass noch nicht absehbar sei, inwiefern die an der Gasthochschule erbrachten Leistungen von der Universität Leipzig auch anerkannt werden und knapp ein Viertel geht davon aus, dass keine Anerkennung der im Ausland erbrachten Leistungen an der Heimathochschule Leipzig erfolgen wird.“

Darüber hinaus schreibt das Learning Agreement ein Pensum von 30 credits je Semester vor. An dieses Pensum ist die Zahlung des Mobilitätsstipendiums von ca. 100-200 € für 5 Monate (oder 10 bei zwei Semestern) gekoppelt. Derzeit wird an einem fakultätsübergreifenden SQ-Modul für Auslandssemester gearbeitet, das pauschal 10 credits für den Aufwand der Organisation eines solchen Semesters veranschlagt. Ein spezifisches Problem der Mobilität der Bachelor-Studierenden ist der Zwang, sich sehr frühzeitig (im 2. Semester) um ein Förderprogramm zu bewerben. Andererseits enthalten Auslandssemester, besonders für Bafög-EmpfängerInnen, die Möglichkeit, durch Inanspruchnahme von Urlaubssemestern den Bachelor bei 6 Fachsemestern auf bis zu 4 Jahre zu verlängern. Um die Gestaltung eines Auslandsaufenthalts und die Beratung darüber möglichst vielen Studierenden zu ermöglichen, müssten die Sprechzeiten der MitarbeiterInnen des AAA erheblich aufgestockt werden.

 

Die Fakultäten der Universität Leipzig sollten die Anerkennung von Studienleistungen sehr viel flexibler und unbürokratischer handhaben. Insbesondere sollte darauf verzichtet werden, auf dem Leistungsnachweis Hausarbeit+Referat zu bestehen. Ein fakultätsübergreifendes SQ-Modul, das mit 10 credits pauschal pro Auslandssemester die Semesterorganisation an der Gasthochschule mit noch zu erbringenden 20 credits freier gestaltbar macht, sollte schnellstmöglich eingeführt werden. Das Mobilitätsstipendium sollte nicht an das Learning Agreement gekoppelt sein. 

 

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Problem:

- enorme Schwierigkeiten bei der Anerkennung von Studienleistungen an anderen Universitäten

 

Kritik:

-    - Die Nicht-Anerkennung von an ausländischen Hochschulen erbrachten Studienleistungen ist leider keine Ausnahme.

-    - Die geforderten 30 credits pro Auslandssemester verlangen ein Arbeitspensum, das der besonderen Situation von Studierenden an einer Gasthochschule nicht angemessen ist.

-    - Der bürokratische Aufwand im Vorfeld ist erheblich, wobei die Entscheidung für Auslandssemester innerhalb eines Bachelor-Studiums so frühzeitig getroffen werden muss, dass größere Unterstützung und Beratung durch das AAA notwendig wird.

 

Argumente:

-    - Die Vielfalt der Bildungsauffassungen spiegelt sich auch in der Heterogenität der Seminar- und Vorlesungsgestaltung, der Anforderung an die Studierenden und der Benotung an den unterschiedlichen Hochschulen.

-    - Auslandssemester erfordern ein besonderes Engagement in der Organisation.

-     Studierende, die einen Teil ihres Studiums oder das gesamte Studium im Ausland verbringen möchten, brauchen keine bürokratischen Zwänge und Kontrollen, sondern umfassende Beratung.

-    - Das Learning Agreement erfüllt nicht den vorgesehenen Nutzen.

 

Forderungen:

-     - Das Mobilitätsstipendium sollte nicht an das Learning Agreement, also die Erbringung von 30 credits, gebunden sein.

-     - Die Erleichterung der Anerkennung aller im Ausland erbrachten Studienleistungen und zusätzlich eines SQ-Moduls, das den Organisationsaufwand anrechnet.

-     - Ausbau der Beratung durch das AAA.